Projektbeschreibungen 2003

Prüfung des möglichen Erfordernisses einer FFH-Verträglichkeitsprüfung (FFH-Vorprüfung) ergänzend zum LBP Anschlussstelle Hamberge BAB A 1/B 75.

Gutachten im Auftrag von TGP, Lübeck.

Im Rahmen der Planungen zur Anschlussstelle Hamberge zwischen der Bundesautobahn A 1 und der Bundesstraße B 75 wurde die leguan gmbh im März 2003 damit beauftragt, abzuschätzen, ob eine FFH-Verträglichkeitsprüfung gemäß § 34 BNatSchG i. V. m. Art. 6(3) Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-RL, RAT DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN 1992) erforderlich sei. Eine solche FFH-Vorprüfung diente auch der Verfahrensvereinfachung, da nicht in jedem Fall eine aufwändige Verträglichkeitsprüfung erforderlich ist.

Die Auswahl der berücksichtigten Natura 2000-Gebiete richtete sich nach den relevanten Auswirkungen des zu prüfenden Projektes. Im Rahmen von Straßenbauvorhaben waren neben der direkten Flächeninanspruchnahme insbesondere Staub- und Lärmemissionen während der Bau- und Betriebsphase von Bedeutung. Aufgrund seiner räumlichen Lage in unmittelbarer Nähe zur geplanten Maßnahme und somit im Einflussbereich möglicher Beeinträchtigungen war lediglich das zur Meldung vorgeschlagenen Natura 2000-Gebiet P2127-320 "Mittlere und Untere Trave" für eine eingehende Prüfung relevant. Derzeit waren der leguan gmbh 4 Bauvarianten bekannt, die sich in einer Entfernung zwischen etwa 30 und 120 m zur Trave befanden. Jede der geplanten Trassenführungen verlief teilweise innerhalb der Schutzgebietsgrenzen.

Gemäß dem aktuellen Standard-Datenbogen (Stand: 04.07.03) für das GGB "Mittlere und Untere Trave" wurden folgende Lebensraumtypen des Anhang I FFH-RL aufgeführt:

  • Salzwiesen des Binnenlandes (1340*)
  • Flüsse der planaren bis montanen Stufe mit Vegetation des Ranunculion fluitantis und des Callitricho-Batrachion (3260)
  • Feuchte Hochstaudenfluren der planaren und montanen bis alpinen Stufe (6430)
  • Kalkreiche Niedermoore (7230)
  • Waldmeister-Buchenwald (9130)
  • Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwald (9160)
  • Erlen-Eschenwälder und Weichholzauenwälder an Fließgewässern (91E0*)
  • Schlucht- und Hangmischwälder (Tilio-Acerion) (9180*)
Die drei mit * gekennzeichneten Lebensraumtypen stellen "prioritäre Lebensraumtypen" dar. Als "prioritär" werden bestimmte natürliche Lebensraumtypen und Arten aufgrund ihrer europaweiten Bedrohung eingestuft, damit Maßnahmen zu ihrer Erhaltung zügig durchgeführt werden können. Zudem kommt den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union für die Erhaltung dieser Lebensraumtypen - wegen ihrer natürlichen Ausdehnung im Verhältnis zu dem Geltungsgebiet der FFH-RL - eine besondere Verantwortung zu.

An Tierarten des Anhang II werden nachfolgend aufgeführte Arten als Schutz- und Erhaltungsziel für das GGB 2127-320 angegeben:
  • Fischotter - Lutra lutra (1355)
  • Teichfledermaus - Myotis dasycneme (1318)
  • Meerneunauge - Pentromyzon marinus (1095)
  • Flussneunauge - Lampetra fluviatilis (1199)
  • Bachneunauge - Lampetra planeri (1096)
  • Steinbeißer - Cobitis taenia (1149)
  • Bachmuschel - Unio crassus (1032)
Im Rahmen biologischer Erfassungen zum LBP Anschlussstelle Hamberge BAB A1/B75 (LEGUAN GMBH 2003) wurden auf einer Fläche von etwa 45 ha um den geplanten Maßnahmenbereich - und damit in Teilen des Natura 2000-Gebietes P2127-320 - Biotoptypen, Amphibien, Brutvögel sowie die in § 10 (2) Nr. 11 BNatSchG definierten "streng geschützten Arten" von April bis Juni 2003 erfasst. Dabei war die Trave selbst jedoch nicht Gegenstand der Untersuchungen.

Von den im Standard-Datenbogen als Schutz- und Erhaltungsziel genannten 8 Lebensraumtypen wurde keiner im Bereich des Untersuchungsgebietes nachgewiesen. Die beidseitigen Uferbereiche wurden als Nasswiesen oder sonstiges Grünland angesprochen.

Der Fischotter als Art des Anhang II der FFH-RL konnte innerhalb des Untersuchungsgebietes weder direkt über Sichtbeobachtungen noch indirekt (z. B. Rutschen oder Kotspuren) nachgewiesen werden. Gleiches galt für die Teichfledermaus. Es ist hier jedoch zu berücksichtigen, dass das Südufer der Trave und der Wasserkörper selbst nicht untersucht wurden. Weiterhin kann auch das sporadische Auftreten beider Arten innerhalb des Untersuchungsgebietes nicht ausgeschlossen werden

Nach den Unterlagen des MUNL (2003) ist die Trave vor allem für verschiedene Fischarten - insbesondere Meer-, Bach-, Flussneunauge und Steinbeißer - sowie für die Bachmuschel von naturschutzfachlicher Relevanz. Die Mehrzahl der aufgeführten Tierarten des Anhangs II (Fischarten und Bachmuschel) fand sich in der Trave, diese war aber nicht Gegenstand der Untersuchungen.

Eine erhebliche Beeinträchtigung durch das geplante Vorhaben könnte sich somit auf den Gewässerbereich der Trave beziehen, wobei zu berücksichtigen war, dass die Trave im Bereich des Untersuchungsgebietes nach wasserwirtschaftlichen Gesichtspunkten ausgebaut oder im Fließverhalten verändert worden ist.
Aufgrund des großen Aktionsradius´ von Fischen und des linearen Charakters des Schutzgebietes von Lübeck im Osten bis nach Bad Segeberg bzw. dem Wardersee im Westen, sollte zudem gewährleistet werden, dass die geplante Maßnahme den bisherigen Charakter der Trave im Bereich des Untersuchungsgebietes nicht in der Weise beeinträchtigt, dass Wanderungsbewegungen von Fischen unterbleiben.

Folgende Prognosen der Auswirkungen des Vorhabens auf die Erhaltungsziele des Schutzgebietes wurden abgeleitet:

Baubedingte Wirkprozesse
  • Stoff- und Geräuschemissionen
  • vorübergehende Flächenverluste, die durch die Anlage von Baustelleneinrichtungen und Materiallagern entstehen
Anlagebedingte Wirkprozesse (z. B. Fahrbahnversiegelungen, Brückenbauwerke und Straßennebenflächen)
  • Zerschneidungen von Biotopkomplexen und floristisch-faunistischen Funktionsräumen / Zerschneidung von bedeutenden Tierlebensräumen
  • Beeinträchtigung durch Standortveränderungen
Betriebsbedingte Wirkprozesse (Nutzung der Straße durch Kraftfahrzeuge)
  • Verlärmung und Störung von Tierlebensräumen
  • Gefährdung von Tierarten durch Verkehrstod
  • Beeinträchtigung durch Schadstoffemissionen
Gemäß Art 6 (3) FFH-RL i.V.m. § 34 (1) BNatSchG ist die Prüfung der erheblichen Beeinträchtigung nicht nur für die jeweils einzelnen Pläne und Projekte im Raum, sondern auch hinsichtlich ihres Zusammenwirkens mit anderen Plänen und Projekten zu bewerten. Diese kumulative Betrachtung ist jedoch Gegenstand der eigentlichen FFH-Verträglichkeitsprüfung und nicht dieser Vorprüfung, die erst die Prüfung der Notwendigkeit einer solchen Verträglichkeitsprüfung zum Inhalt hat.
Dennoch wurde die potenziell kumulative Wirkung weiterer geplanter Projekte grob umrissen: Wegen der großen Entfernung der beiden geplanten Verkehrsprojekte BAB A 20 und K13 und der noch größeren Entfernung zur MBA Niemark waren bei kumulativer Betrachtung der Nah- und Fernwirkungen dieser Projekte keine zusätzlichen Beeinträchtigungen auf das Natura 2000-Gebiet zu erwarten.
Nicht eingeschätzt werden konnten dagegen die Beeinträchtigungen der Travequerung bei Bad Segeberg im Zuge der Planungen zur BAB A 20. Hier sind Beeinträchtigungen der Trave möglicherweise nicht auszuschließen.

Projektmitarbeit

Dipl.-Geogr. Dipl.-Biol. Dr. Manfred Haacks
Dipl.-Biol. Rolf Peschel

Projektverzeichnis auf dem leguan-Server Zugang nur mit Berechtigung möglich.

Aktualisierung 05.07.2006