Projektbeschreibungen 2010 - 2012

Ausbau der Oststrecke des Nord-Ostsee-Kanals Kanalkilometer 79,9 bis 92,1

im Auftrag von Wasser- und Schifffahrtsamt (WSA) Kiel-Holtenau

Das Wasser- und Schifffahrtsamt (WSA) Kiel-Holtenau plant den Ausbau der Oststrecke des Nord-Ostsee-Kanals (NOK).
Der NOK verläuft von Brunsbüttel bis nach Kiel-Holtenau durch Schleswig-Holstein und ist eine stark frequentierte Schifffahrtsstraße. Das geplante Vorhaben dient der erforderlichen Leistungssteigerung dieser Schifffahrtsstraße.
Der Regelquerschnitt des Nord-Ostsee-Kanals (NOK) zwischen Königsförde und Kiel-Holtenau (Kanal-km 80-96) ist noch auf dem Stand der 1. Erweiterung im Jahre 1914. Die mittlere Sohlenbreite beträgt in diesem Bereich außerhalb der Weichen 44 m, die Kurvenradien liegen zwischen 1.400 und 3.000 m.



Abbildung: Schematische Darstellung Ausbau der NOK-Oststrecke

Durch den stetig zunehmenden Schiffsverkehr und die sich tendenziell zu größeren Schiffen verändernde Flottenstruktur entwickeln sich die engen Kurvenradien und die geringe Querschnittsbreite in zunehmendem Maße zum Engpass für die Schifffahrt.
Für die Zukunft werden zudem weitere Zunahmen des Schiffsverkehrs und der Schiffsgrößen auf dem NOK prognostiziert. Aufgrund dessen ist ein Ausbau dieses Teils der Oststrecke des NOK vorgesehen.
Nach § 14 Bundeswasserstraßengesetz (WaStrG) bedarf der Ausbau oder Neubau einer Bundeswasserstraße der Planfeststellung. Das WSA Kiel-Holtenau bereitete als Träger des Vorhabens (TdV) das Planfeststellungsverfahren zur Anpassung der Oststrecke vor. Mit Erlass des Bundesministeriums für Verkehr, Bau-und Wohnungswesen vom 05.11.2002 und 09.01.2003 (EW 22/52.06.01-NOK-00) wurde eine Untersuchung der Anpassungspotentiale des nicht ausgebauten Teils der Oststrecke des NOK veranlasst.

Die leguan gmbh war u. a. mit der Bearbeitung und Erstellung des biologischen Fachbeitrages (konkret wurden die Kartiereinheiten Biotoptypen, Pflanzen der Roten Listen, Moose und Gefäßpflanzen der Kalktuffquellen, Aquatische Makrophyten, Zoo- und Phytoplankton, Makrozoobenthos, Schwebegarnele Neomysis integer, Mollusken der Kalktuffquellen, Libellen, Heuschrecken, Tagfalter und Widderchen, Hautflügler, Laufkäfer, Fische, Amphibien, Reptilien, Brutvögel, Zug- und Rastvögel, Fledermäuse sowie Kleinsäuger bearbeitet), verschiedenen FFH-Prüfungen (FFH-Screening, FFH-VP, FFH-VVP) und dem Fachbeitrag Artenschutz beauftragt. Dieser Bezog sich sowohl auf das terrestrische Umfeld als auch infolge der Verbringung von Teilen des Nassbaggergutes in die Ostsee auf aquatische Bereiche.



Fachbeitrag Flora und Fauna

Im November 2007 wurde die Arbeitsgemeinschaft TGP, pu & leguan gmbh mit der Erstellung des LBP und der UVS zur Anpassung der Oststrecke des Nord-Ostsee-Kanals und der dazu benötigten Fachgutachten beauftragt. Der Fachbeitrag Flora und Fauna beinhaltet die Erfassungsergebnisse zum Schutzgut Flora und Fauna sowie deren Bewertung und die Betrachtung möglicher Auswirkungen durch das Vorhaben.

Biotoptypen und Pflanzen der Roten Liste
Das Untersuchungsprogramm wurde im Rahmen eines durchgeführten Scoping-Termins im März 2007 sowie in nachfolgenden Abstimmungen mit Verbänden und Fachbehörden festgelegt. Konkret wurden die Kartiereinheiten Biotoptypen, Pflanzen der Roten Listen, Moose und Gefäßpflanzen der Kalktuffquellen, Aquatische Makrophyten, Zoo- und Phytoplankton, Makrozoobenthos, Schwebegarnele Neomysis integer, Mollusken der Kalktuffquellen, Libellen, Heuschrecken, Tagfalter und Widderchen, Hautflügler, Laufkäfer, Fische, Amphibien, Reptilien, Brutvögel, Zug- und Rastvögel, Fledermäuse sowie Kleinsäuger bearbeitet.
Innerhalb des Untersuchungsgebiets wurden mehr als 2.000 verschiedene Fundorte ausgewiesen, die über 250 verschiedenen Biotoptypen bzw. Biotoptypenkombinationen gemäß der Standardliste der Biotoptypen in Schleswig-Holstein zugewiesen wurden. Von den erfassten Fundorten standen mehr als 750 unter einem gesetzlichen Schutz nach § 30 (2) BNatSchG bzw. 21 LNatSchG. Die geschützten Biotope, einschließlich der Steilhänge im Binnenland nahmen etwa 10 % der Gesamtfläche des Untersuchungsgebietes ein.
Es konnten 67 Pflanzenarten im erweiterten Suchgebiet am NOK festgestellt werden, die entweder auf der Roten Liste der Bundesrepublik Deutschland oder auf der des Landes Schleswig-Holstein standen.

Kalktuffquellen
Hinsichtlich der Moose und Gefäßpflanzen befanden sich 3 sehr hochwertige und 1 hochwertige Quelle in den geplanten Abtragungsbereichen in den Böschungen am NOK.

Mollusken
Das nachgewiesene Artenspektrum setzte sich im Wesentlichen aus sehr häufigen, ubiquitären Arten zusammen. Die Molluskengemeinschaften war v. a. in Hinblick auf das Artenspektrum der Feuchtlebensräume als verarmt zu bewerten. Charakterarten der Kalktuffquellen fehlten völlig. Anspruchsvollere, stärker spezialisierte Arten traten nicht auf.

Makrophyten, Plankton, Makrozoobenthos
Die Makroalgenflora war an sämtlichen Stationen als relativ artenarm einzuschätzen. Aquatische Gefäßpflanzen wurden im NOK nicht festgestellt. Eine besondere Beeinträchtigung der Makrophyten durch das geplante Vorhaben lies sich aus den Befunden nicht feststellen.
Bei der Untersuchung des Phytoplanktons wurden mehr als 80 Taxa unterschieden. Das Artenspektrum wurde von Kieselalgen dominiert. Bei der Untersuchung des Zooplanktons konnten 31 Taxa unterschieden werden. Dabei bildeten Rotatorien die bedeutendste Gruppe. Die Besiedlung der Kanalsohle wurde deutlich von Polychaeta dominiert, die über 90 % der Gesamtabundanzen ausmachten. Schwebegarnelen waren durch die Art Neomysis integer vertreten.

Libellen
An den 26 untersuchten Probestellen konnten 26 Libellenarten erfasst werden. 3 Fundorten wurde eine hohe Wertstufe zugewiesen. Die Fundorte mit hoher und mit sehr hoher Bedeutung lagen alle im Bereich der Spülflächen und des Flemhuder Sees.

Heuschrecken
Insgesamt wurden im gesamten Gebiet 13 Heuschreckenarten nachgewiesen. Nur eine dieser Arten galt landesweit als gefährdet. Insgesamt waren vorhabensbedingt 12 Standorte betroffen, an denen 9 Arten vorkamen.

Tagfalter / Widderchen, Hautflügler und Laufkäfer
Insgesamt wurden 26 Arten der Tagfalter und Widderchen nachgewiesen. Die Tagfalterfauna des Untersuchungsgebietes war nur unterdurchschnittlich ausgeprägt. Es wurden an den 17 Probeflächen 118 Hautflüglerarten nachgewiesen. Die nachgewiesenen gefährdeten Arten sind überwiegend erdnistende Arten, die Offenlandlebensräume besiedeln.
Innerhalb des Untersuchungsgebietes befinden sich 7 als hochwertig eingestufte Laufkäfer-Probeflächen, von denen sich 5 im Bereich des Flemhuder Sees und der angrenzenden Spülfelder konzentrierten.

Fische
Die Fischfauna des NOK ist hinsichtlich ihrer Artenzusammensetzung sehr dynamisch. Es konnten Nachweise für 2 Neunaugenarten und 82 Fischarten erbracht werden. Als regelmäßig im NOK vorkommende Arten sind 2 Neunaugenarten und 2 Fischarten in der Roten Liste Schleswig-Holstein als gefährdet aufgeführt.

Amphibien und Reptilien
Innerhalb des gesamten Untersuchungsraums wurden 103 Gewässer untersucht. Von diesen 103 Gewässern wiesen 73 Amphibienvorkommen auf. Insgesamt wurden dabei 7 Amphibienarten nachgewiesen.
Es wurden 4 Reptilienarten festgestellt. Die nördliche Kanalböschung stellt aufgrund ihrer Sonnenexposition und ihres Insektenreichtums für Reptilien einen sehr attraktiven Standort dar.

Brut- und Rastvögel
Es konnten 114 Brutvogelarten mit insgesamt 7.680 Brutpaaren nachgewiesen werden. Nach der Roten Liste der Bundesrepublik Deutschland galt eine Art als vom Aussterben bedroht, 6 als stark gefährdet, 2 als gefährdet, 87 als ungefährdet, 2 Arten als Neozoen und 15 wurden auf der Vorwarnliste geführt. Nach der Roten Liste Schleswig-Holsteins wurden 2 Arten als vom Aussterben bedroht, 5 als gefährdet, 9 auf der Vorwarnliste und 97 als ungefährdet geführt.
Insgesamt erfolgten über 20.000 Nachweise rastender und durchziehender Vögel, die sich auf 120 Arten verteilen. Von den Nachweisen entfallen 2.954 auf Lachmöwe, 2.006 auf Stockente, 1.282 auf Blässralle, 1.177 auf Sturmmöwe, 1.133 auf Wacholderdrossel, 820 auf Silbermöwe, 811 auf Star, 798 auf Graugans, 738 auf Kiebitz, 713 auf Rotdrossel, 565 auf Tafelente, 500 auf Kormoran und 407 auf Reiherente. Diese häufigsten Arten trugen insgesamt zu knapp 70 % des Zug- und Rastvogelbestandes bei.

Fledermäuse und Kleinsäuger
Die Bewertung der Fledermausfundorte erfolgte primär anhand der Artenzahl, der Anzahl jagender Tiere (Nutzungsintensität). Sekundär floss die Kontinuität der Nutzung mit in die Bewertung des jeweiligen Standortes ein. Es fielen 2 sehr hochwertige und 7 hochwertige Fledermausfundorte in die geplanten Abtragungsbereiche.
An den 24 untersuchten Standorten konnten über 2.100 Kleinsäuger mit 11 Arten erfasst werden. Hinzu kommen noch insgesamt 762 Wiederfänge. Insgesamt bildeten die Böschungsbereiche am NOK hervorragende Habitateigenschaften für Kleinsäuger.

Sonstige streng geschützte Arten
Es konnten keine Nachweise sonstiger, gemäß § 7 (2) Nr. 14 BNatSchG streng geschützter Tierarten erbracht werden. Eine Potenzialabschätzung der Eingriffsgebiete erbrachte ebenfalls keine Hinweise auf mögliche Vorkommen.
Impressionen




Abbildung 1: Impressionen aus dem Untersuchungsgebiet
(Fotos von links nach rechts: Blutrote Heidelibelle, NOK: M. Haacks, Moorfroschpaar, Neuntöter, Ringelnatter, Zauneidechse: H. Gruß)

Artenschutz

Als artenschutzrechtlich relevante Organismengruppen im terrestrischen Bereich wurden Amphibien, Vögel und Fledermäuse wurden identifiziert. Weitere Tierarten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie waren nicht betroffen. Auch für gemeinschaftlich streng geschützte Pflanzenarten konnten artenschutzrechtliche Konflikte ausgeschlossen werden.
Im aquatischen Bereich (Ostsee) wurden streng geschützte Meeressäuger, Fische und ausgewählte Seevögel der V-RL geprüft.
Für alle geprüften Arten konnten Zugriffsverbote nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 ausgeschlossen werden. Vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen oder eine Ausnahmeregelung nach § 45 Abs. 7 BNatSchG waren nicht erforderlich.

Natura 2000

FFH-Screening
Für das Ausbauvorhaben am NOK (Anpassung Oststrecke) zwischen Königsförde und Kiel-Holtenau (Kanal-km 80-92) sollte im Vorfeld eine Übersicht und Abschätzung klären, für welche Gebiete von Gemeinschaftlicher Bedeutung (GGB, FFH-Gebiete) bzw. Besonderen Schutzgebiete (BSG, Vogelschutz-Gebiete) nach FFH-Richtlinie (FFH-RL) bzw. nach Vogelschutzrichtlinie (V-RL) der Europäischen Union Prüfungen bzw. Vorprüfungen der Verträglichkeit gemäß Art. 6 (3) FFH-RL i. V. m. § 34 BNatSchG anzufertigen sind.
Für 18 terrestrische und für 10 Gebiete in der Ostsee wurden entsprechende Abschätzungen durchgeführt. Für 6 terrestrische Natura 2000-Gebiete sowie 2 für Natura 2000-Gebiete in der Ostsee mussten nach der FFH-Richtlinie weiterführende Verträglichkeitsprüfungen (FFH-VP) bzw. Verträglichkeitsvorprüfungen (FFH-VVP) nach Art 6 (3) FFH-RL durchgeführt werden.

FFH-Verträglichkeitsvorprüfung (FFH-VVP)
Im Rahmen einer FFH-Verträglichkeitsvorprüfung wurden 5 Natura 2000-Gebiete geprüft. Im Ergebnis der jeweiligen FFH-Verträglichkeitsvorprüfung konnten keine erheblichen Beeinträchtigungen festgestellt werden. Eine weitere Prüfung im Rahmen einer FFH-Verträglichkeitsprüfung war insofern nicht erforderlich.

FFH-Verträglichkeitsprüfung (FFH-VP)
Es wurde für 3 Natura 2000-Gebiete eine FFH-Verträglichkeitsprüfung durchgeführt. Im Ergebnis ließen sich durch die Umsetzung des Vorhabens keine erheblichen Beeinträchtigungen der Schutzziele und Erhaltungsgegenstände der Natura 2000-Gebiete feststellen.

Weitere Informationen zum aktuellen Planungsstand und zum Planfeststellungsvefahren erhalten Sie hier:
Ausbau der Oststrecke des NOK .

Projektmitarbeit

Dipl.-Geogr. Dipl.-Biol. Dr. Manfred Haacks
Dipl.-Biol. Dr. Gisela Bertram
Dipl.-Biol. Andreas Albig
Dipl.-Ing. (FH) Holger Gruß
Dipl.-Biol. Tom Müller
Dipl.-Biol. Rolf Peschel
Dipl.-Biol. Haiko Petersen
Dipl.-Biol. Jörg Roloff
Dipl.-Ing. (FH) Christian Rosemeyer
Dipl.-Geogr. Marcus Allendorf
Dipl.-Ing. Gerrit Werhahn
Biol. André Jankowski
Dipl.-Biol. Norbert Voigt
Dipl.-Biol. Eva Strothotte
ABEL & ZIMMER GbR
Dipl.-Biol. Dr. Florian Schulz
BIOCONSULT Schuchardt & Scholle GbR, Bremen

Aktualisierung: 13.11.2013