Naturschutzfachliche Risikoanalyse

Problemstellung


Durch Änderungen in der Gesetzgebung ist der Arten- und Naturschutz in den letzten Jahren erweitert worden. Neben dem Schutz von Gebieten (ca. 10 - 15 % des Bundesgebietes stehen unter Naturschutz) ist als neuer wesentlicher Aspekt der gesetzliche Artenschutz in Vorhaben relevant.

Neben bereits bekannten Risikofaktoren in der Investitionsplanung wie z. B. mögliche Altlasten oder Denkmalschutz tritt jetzt der Artenschutz hinzu.

Um das Problem zu visualisieren, haben wir zwei typische Situationen auf dem Land und in der Stadt mit einigen geschützten Arten vorbereitet:

Wenn Sie auf die Panorama-Bilder unter diesem Absatz klicken, dann werden in neuen Fenstern (Popup) die jeweiligen Situationen im Großformat dargestellt.
Hier können Sie selbst versuchen, geschützte Arten zu finden, indem Sie mit der Maus über das Bild fahren.
Wo eine Art vorkommt, erscheint ein Bild. Wenn Sie dann klicken, erscheint ein kleiner Steckbrief. Sie werden überrascht sein, wie viele geschützte Arten sich hier verbergen.





Wenn Sie alle hier jeweils dargestellten geschützten Arten sofort sehen möchten, so klicken Sie das Bild unter diesem Absatz an. Auch hier öffnet sich dann ein weiteres Fenster (Popup).
Hierin sind alle Vorkommen mit Punkten markiert.






Lösung


Aufgrund der aktuellen Entwicklungen in den letzten zwei Jahren und der stetig steigenden Nachfrage haben wir uns entschlossen, die Naturschutzfachliche Risikoanalyse als eigenes Planungswerkzeug zu entwickeln.
Denn: Der Artenschutz hat weit reichende Konsequenzen für großflächige Bauvorhaben. Die Wahrscheinlichkeit, bei Bebauung von größeren Flächen mit der einen oder anderen Schutzbestimmung in Berührung oder Konflikt zu geraten, ist enorm gestiegen. Anforderungen und Auflagen der zuständigen Behörden hinsichtlich der Bebauung solcher Flächen sind die Folge.

Bauvorhaben können sich erheblich verzögern oder sogar scheitern, wenn der Artenschutz nicht sachgerecht behandelt wird.

Den meisten Investoren sind die Natur- und Artenschutzbestimmungen und die rechtlichen Konsequenzen für ihr konkretes Bauvorhaben nur unzureichend oder gar nicht bekannt. Das führt regelmäßig zu schwer wiegenden Problemen.

Drei Beispiele aus der leguan-Praxis 2005

  • Ein Bauvorhaben für eine innerörtliche Wohnsiedlung in Niedersachsen drohte zu scheitern, weil in dieser Planung investorseitig versäumt wurde, Bestände streng geschützter Fledermausarten prüfen zu lassen.
    Einerseits war die zuständige Naturschutzbehörde zu spät angefragt worden, andererseits fehlte die Kenntnis der entsprechenden Bestimmungen, so dass das Risiko sehr spät erkannt wurde. Erhebliche Verzögerungen drohten.
  • Fördermittel für eine Kultureinrichtung im Norden Schleswig-Holsteins drohten zu verfallen, weil naturschutzrechtliche Fragen zu NATURA 2000 (FFH = Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU) angefallen waren, ohne dass diese ausreichend beachtet wurden.
  • Die Zulässigkeit einer Ferienhausanlage in einem norddeutschen Dorf stand behörderlicherseits plötzlich in Frage, weil seitens eines örtlichen Naturschutzverbands Hinweise zum Vorkommen von streng geschützten Vögeln und Fledermäusen im Baugebiet eingebracht wurden.
In diesen Projekten konnten durch die naturschutzfachliche Beratung von leguan die naturschutzrechtlichen Anforderungen sachgerecht bearbeitet und für den Bauherren verträgliche Lösungen ohne zusätzliche Bauverzögerung herbeigeführt werden. Die Kosten für die Beratung machten nicht einmal 0,01% der Baukosten aus.

Ebenso konnte bewiesen werden, dass Naturschutzbelange - entgegen der Annahme vieler Bauherren - weder ständig blockierend wirken, noch dass eine konstruktive Zusammenarbeit unmöglich ist.

Es ist aus den Erfahrungen der letzten Jahre deutlich geworden, dass unbedingt eine möglichst frühzeitige Behandlung solcher "Investitionsrisiken" erfolgen muss. Denn ähnlich wie die bereits oben angesprochenen Altlasten oder wirtschaftliche Standortfaktoren bestimmen rechtliche Folgen aus Naturschutzregelungen an ganz zentraler Stelle und oftmals in der Anfangsphase die Investitionsentscheidung mit.

Vorgehen


Eine Risikoanalyse ist in den meisten Fällen nicht sehr zeitaufwändig und zu fast jeder Jahreszeit durchführbar (ausgenommen sind Situationen mit geschlossener Schneedecke).

Im Ergebnis kommt es zu einer Abschätzung ob bzw. welche Arten oder Lebensräume betroffen und welche damit verbundenen möglichen Hemmnisse verbunden sind.
Lösungsmöglichkeiten werden aufgezeigt und im Einzelfall auch mit zuständigen Behörden abgestimmt.
Es kann in besonders heiklen Fällen auch dazu kommen, von einem Standort vollständig abzuraten, da die Beseitigung der Risiken unverhältnismäßig teuer oder aufwändig erscheint.

Der zeitliche Aufwand und damit die Kosten hängen ab von diesen Eckdaten:
  • Flächengröße

  • Komplexität

  • Datenlage

Diese Parameter lassen sich aufgrund der eigenen Erfahrungen als Faktoren einsetzen, um in etwa den Aufwand abschätzen zu können.

Flächengröße

In der gutachterlichen Befassung mit diesem Thema lassen sich aus den bisher durchgeführten Projekten diese Richtgrößen ableiten:

Flächengröße in ha Faktor
0 - 10 1
10 - 50 2
50 - 100 4
> 100 8 x km²*


* = Flächengröße in km² x Faktor 8; z. B. 1,5 km² Flächengröße entspricht Faktor 12.

Komplexität

Die Komplexität betrifft die Ausstattung von Landschaft. Je mehr Strukturelemente in einer Fläche vorhanden sind, desto größer ist zumeist die Artenzahl. Das hat dann unmittelbaren Einfluss auf die Kalkulation.
Beispiele für strukturarmes Gelände wären z. B. Marschland oder eine ausgeräumte Agrarfläche, Beispiele für komplexe Flächen dagegen wären z. B. Waldbereiche mit Gewässern oder Nachfolgelandschaften des Kiesabbaus.
Daraus ergeben sich diese Richtgrößen:

Komplexität Faktor
einfach 1
mittel 2
komplex 4


Datenlage

Je nachdem, wie viele Daten über ein Gebiet bekannt sind, erhöht oder reduziert sich der Rechercheaufwand.
Eine sehr gute Datenlage wäre dann gegeben, wenn bei zuständigen Behörden praktisch alle relevanten Bestandsdaten - am besten inklusive Luftbildern - vorhanden sind. Das ist oftmals dann der Fall, wenn in einem Raum kürzlich eine überregionale Planung durchgeührt wurde und daraus Daten vorliegen.
Eine schlechte Datenlage wäre gegeben, wenn so gut wie überhaupt nichts über ein Gebiet vorliegt und durch das Büro alles selbst recherchiert werden muss.
Daraus ergeben sich diese Richtgrößen:

Datenlage Faktor
sehr gut 1
mittel 2
schlecht 6


Kalkulation


Eine Naturschutzfachliche Risikoanalyse enthält mindestens die folgenden Bestandteile:
  • Klären der Aufgabenstellung eventuell mit Sichtung des Geländes
  • Datenzusammenstellung
  • Ermittlung der Risikopotenziale
  • Empfehlungen zur Minimierung oder Vermeidung von Risiken
Diese Leistungen sind im einfachsten Fall mit ca. einem Personentag (8 Stunden) anzusetzen. Dieser Aufwand ist fix.
Abhängig von den genannten Parametern Flächengröße, Komplexität und Datengrundlage können dann weitere Aufwände dazu kommen, die sich gemäß der genannten Faktoren als zusätzliche Stundenaufwände ausdrücken.

Einige Berechungsbeispiele


Baugebiet in Ortsrandlage

Im Beispiel wird von einer 5 ha großen Fläche angrenzend zu einer Ortslage ausgegangen. Es handelt sich um einen von einigen Knicks durchzogenen Ackerbereich. Die Datengrundlage ist sehr gut, da die Ortschaft im Planungsraum einer größeren Straßenplanung liegt und somit aus der dortigen UVS Daten vorhanden sind.

Parameter Wert Faktor
Flächengröße 0 - 10 1
Komplexität einfach 1
Datenlage sehr gut 1

Die Multiplikation der einzelnen Parameter Flächengröße (1) x Komplexität (1) x Datenlage (1) ergibt einen Multiplikator von 1. Daraus ergäbe sich kein zusätzlicher Aufwand von 1 Stunde, der in einem solchen Fall nicht berechnet würde, sondern in der Grundleistung enthalten ist. Diese Risikoanalyse wäre also innerhalb von 8 Stunden erstellbar.

Standortsuche für einen Golfplatz

In diesem Beispiel wird davon ausgegangen, dass in einem Raum mehrere mögliche Flächen für einen Golfplatz zu erwerben wären bzw. dessen Design nicht festliegt und die Risikoanalyse die risikoärmsten Bereiche zu bestimmen hätte.
Es handelt sich um einen 18-Loch-Platz mit einem Bedarf von 70 ha.
Der in Frage kommende Raum liegt im Grundmoränengebiet mit einer relativ hohen Kleingewässerdichte bei gleichzeitig sehr großen Ackerflächen mit wenigen weiteren Strukturelementen wie z. B. Feldgeölzen oder Einzelbäumen.
Die Datenlage erweist sich als durchschnittlich, da im Raum bereits andere touristische Planungen durchgeführt wurden und daher sowohl bei Landes- als auch Kreisbehörden biologische Bestandsdaten vorhanden sind.

Parameter Wert Faktor
Flächengröße 50 - 100 4
Komplexität mittel 2
Datenlage mittel 2

Die Multiplikation der einzelnen Parameter Flächengröße (4) x Komplexität (2) x Datenlage (2) ergibt einen Multiplikator von 16. Daraus ergäbe sich ein zusätzlicher Aufwand von 16 Stunden. Diese Risikoanalyse wäre in insgesamt ca. 24 Stunden erstellbar.

Planung eines Tourismusobjektes in einem Waldgebiet

In diesem Beispiel wird davon ausgegangen, dass in einem festgelegten Waldgebiet mehrere Tourismusobjekte gemeinsam errichtet werden sollen: Gaststätten, Waldspielplatz, Hochseilgarten, Ponyreiten und weitere touristische Attraktionen sollen entstehen. Ziel der Risikoanalyse ist festzustellen, ob eine grundsätzliche Machbarkeit gegeben ist.
Die relevante Waldfläche wird mit 12 ha angesetzt. Hinzu kommen weitere 20 ha, die durch mögliche Störungen aus diesem Park beeinträchtigt werden könnten, also insgesamt 32 ha.
Der historisch alte Wald in sehr welligem Relief mit einem hohen Anteil an Alt- und Totholz, vielen Kleingewässern sowie einem Fließgewässer und entsprechenden Auen erweist sich als außerordentlich strukturreich.
Die Datenlage ist relativ schlecht, da es über Tierarten im Raum kaum Erhebungen gibt und die letzten Biotopkartierungen bereits 15 Jahre und weiter zurück liegen.

Parameter Wert Faktor
Flächengröße 10 - 50 2
Komplexität komplex 4
Datenlage schlecht 6

Die Multiplikation der einzelnen Parameter Flächengröße (2) x Komplexität (4) x Datenlage (6) ergibt einen Multiplikator von 48. Daraus ergäbe sich ein zusätzlicher Aufwand von 48 Stunden. Diese Risikoanalyse wäre in ca. 56 Stunden erstellbar.

Anwendungsbereiche


Angesichts der Auswirkungen des Artenschutzes in der Planung, sollte grundsätzlich bei jedem lokal oder eng regional begrenzten Vorhaben, bei dem in Landschaft eingegriffen wird, zumindest eine Abschätzung der Bestandssituation vor Ort erfolgen. Nachfolgend einige Beispiele aus der eigenen Praxis:
  • Gewerbegebiete
  • Häuser- und Wohnungsbau im Außenbereich
  • Freizeitanlagen
  • Überbauung von Brachflächen (auch innerorts)
  • Einrichtung von Baustellenflächen
  • Open-Air-Konzertveranstaltungen im Außenbereich
Grundsätzlich nicht anzuwenden sind Naturschutzfachliche Risikoanalysen in überregionalen Planungen, da hier der Artenschutz im Zuge der dort ohnehin stattfindenden Untersuchungen mit abgedeckt wird.

Ansprechpartner für die Risikoanalyse ist Rolf Peschel.

Aktualisierung: 10.02.2008