Projektbeschreibungen 2004

B-Plangebiet "Groß-Flottbek 10" (Bezirk Altona - Entwurf). Naturschutzfachliche Gutachterliche Stellungnahme zur geplanten Bebauung einer Fläche südlich des Flottbeker Marktweges

Stellungnahme im Auftrag der Hermann Friedrich Bruhn GmbH & Co, Hamburg, 2001.

Die Firma Hermann Friedrich Bruhn GmbH & Co. in Hamburg plante, ein ihr gehörendes Grundstück südlich des Flottbeker Marktweges zu bebauen.
Die Fläche liegt im B-Plangebiet "Groß-Flottbek 10". Von der Firma Planula (Planungsbüro für Naturschutz und Landschaftsökologie, Hamburg) lag dazu eine Biologische Bestandsaufnahme der Fläche aus dem Jahr 2000 vor, die vom Bezirksamt Altona in Auftrag gegeben wurde. Hierfür wurden Biotoptypen, Farn- und Blütenpflanzen, Laufkäfer, Schnecken, Amphibien, Vögel und Fledermäuse untersucht.
Nach der dort vorgenommenen naturschutzfachlichen Bewertung des Gebietes wurde für den zentralen Teilbereich der Fläche eine hohe Wertigkeit bezüglich ihrer Bedeutung für den Arten- und Biotopschutz ermittelt. Demnach unterlagen etwa 2/3 dieses Teilbereiches dem gesetzlichen Schutz nach § 20 BNatSchG bzw. § 28 HmbNatSchG, da sie die Biotoptypen Weiden-Sumpfwald (WSW) und degenerierter (Erlen-) Bruchwald (WBX) enthalten sollten.
Gemäß Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan "Groß-Flottbek 10" sollte der Grünbiotop in der Blockmitte als Grünfläche gesichert werden.
Im November 2001 wurde die leguan gmbh damit beauftragt, die Möglichkeit einer Bebauung dieser Fläche trotz des teilweisen Biotopschutzes zu prüfen. Insbesondere die Frage des Ausgleiches und der Ersetzbarkeit der betroffenen Biotope sollte erörtert werden.

Grundlage für diese Gutachterliche Stellungnahme bildeten mehrere Gutachten zu Palynologie (Pollen- und Sporenkunde), Baugrund und Biologie sowie eine städtebauliche Analyse und Stellungnahmen des Geologischen Landesamtes und des Amtes für Naturschutz und Landschaftspflege. Darüber hinaus wurden Vergleichsdaten anderer Untersuchungen sowie Fachliteratur zur Bewertung der Biologischen Bestandserfassung mit herangezogen.

Um den derzeitigen Zustand der epigäischen Fauna und deren Ersetzbarkeit zu prüfen, wurden die vom Büro Planula ermittelten Laufkäferdaten hinsichtlich ihrer Flügellängen gemäß der Methodik von RATHS & RIECKEN (1999) neu ausgewertet.
Im November und Dezember 2001 erfolgten Ortsbegehungen durch Mitarbeiter der leguan gmbh. Darüber hinaus wurden 21 Luftbilder der Jahre 1946 bis 2000 ausgewertet, die am 29.11.2001 beim Amt für Geoinformation und Vermessung eingesehen wurden.

Das Untersuchungsgebiet befand sich seit 1977 im Stadium der Sukzession und die nachgewiesenen und evtl. unter Schutz des § 28 HmbNatSchG stehenden Biotoptypen waren nicht älter als 25 Jahre. Der gesetzliche Schutz des Erlenbruchwaldes erschien somit prüfungsbedürftig.

Innerhalb des Untersuchungsgebietes konnten keine Tier- und Pflanzenarten nachgewiesen werden, die in ihrem Vorkommen ausschließlich auf die Bedingungen von Sumpf- bzw. Erlenbruchwäldern angewiesen sind. Die Arten belegten zudem das relativ kurze Bestehen der Biotope. Dabei wird das von der Umweltbehörde als besonders wertgebend betonte Vorkommen von Amphibien, Laufkäfer- und Schneckenarten feucht/nasser Habitate durch die breite ökologische Amplitude der nachgewiesenen Arten deutlich relativiert.

Die Abwägung der Belange des Naturschutzes ließ einen Ausgleich und Ersatz, der durch den Eingriff bedingten Beeinträchtigungen, als generell möglich erscheinen:
Zweifelsfrei wäre der Verlust der Hochmoortorfschichten nicht zu ersetzen, die Waldbestände feuchter bis nasser Standorte, welche sich seit 1977 auf dem Standort entwickelnden, konnten aber als ausgleich- bzw. ersetzbar gelten.

Beispielsweise könnte eine Fläche im Randbereich des Schnaakenmoores mit einer Torfunterlage der Sukzession überlassen werden, um dort das Aufkommen von Gehölzen zu ermöglichen. Das Gebot des eingriffsnahen Ausgleiches wäre in diesem Fall erfüllt, da sämtliche nachgewiesenen Tier- und Pflanzenarten ein flächiges Verbreitungsgebiet im Raum Hamburg aufwiesen und in der Regel mobil genug sind, neu angelegte Flächen zu besiedeln. Eine Anbindung an Populationen desselben Genpools war sehr wahrscheinlich. Dazu handelte es sich bei den nachgewiesenen Arten nicht um stenotope Tyrphobionten (torfbewohnende Arten).

Als weitere Ersatzmaßnahme wurde die Vernässung einer Fläche ohne Torf, jedoch mit einem wasserstauendem Horizont im Untergrund im westlichen Hamburger Stadtgebiet vorgeschlagen, die der Sukzession überlassen werden sollte. Hier könnten z. B. Flächen in der Osdorfer oder in der Sülldorfer Feldmark in die Erwägungen mit einbezogen werden. Weiterhin wurde angeregt, alternativ zu direkten eingriffsbezogenen Ausgleichsmaßnahmen eine Bündelung mit anderen Maßnahmen aus anderen Vorhaben anzustreben, um z. B. über einen Flächenpool oder ein Ökokonto insgesamt größere und effizientere Naturschutzmaßnahmen realisieren zu können.
Um einen möglichst wirksamen Ausgleich zu erzielen, könnte außerdem ein Verfahren (Präventivmaßnahmen) angewandt werden, das durch die leguan gmbh bereits zur Planfeststellung der BAB A 20 im Abschnitt 1 bei Lübeck vorgeschlagen und auch umgesetzt wurde. Dort wurden bereits vor Beginn der Baumaßnahmen Flächen erworben und hergerichtet, um für die Wiesenralle (Crex crex) möglichst rechtzeitig Ausweichflächen zur Verfügung zu stellen. Erst dann wurden die beanspruchten Flächen zum geeigneten Zeitpunkt der Bebauung zugeführt.


Ausgehend von der 2002 vorgelegten Gutachterlichen Stellungnahme zur geplanten Bebauung einer Fläche südlich des Flottbeker Marktweges erfolgte bis 2004 eine kontinuierliche Beratung zu der Thematik durch die leguan gmbh. Hierbei wurden u. a. alternative Entwicklungsszenarien prognostiziert und Aufwertungsvorschläge unterbreitet.

Projektmitarbeit

Dipl.-Biol. Andreas Albig
Dipl.-Geogr. Dipl.-Biol. Dr. Manfred Haacks
Dipl.-Biol. Tom Müller
Dipl.-Biol. Rolf Peschel

Projektverzeichnis auf dem leguan-Server Zugang nur mit Berechtigung möglich.

Aktualisierung 05.07.2006