Projektbeschreibungen 2007

Planfeststellungsverfahren zum Ausbau des Flughafens Lübeck Blankensee

Biologische Untersuchungen im Auftrag des Flughafens Lübeck.

Im Rahmen des geplanten Ausbaus des Lübecker Flughafens wurde die leguan gmbh mit der Erstellung eines ökologischen Gutachtens beauftragt, das einen Bestandteil der Antragsunterlagen in einem luftverkehrsrechtlichen Planfeststellungsverfahren mit integrierter Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) darstellt.

Im Rahmen des Gutachtens wurden folgende Artengruppen bzw. Kartiereinheiten bearbeitet:

Darüber hinaus wurden zusätzliche Daten zu anderen Artengruppen recherchiert und Potenzialanalysen für weitere streng geschützte Arten die nicht erfasst wurden angefertigt.
Die erhobenen Daten dienten als Grundlage zur Beurteilung der Auswirkungen des Vorhabens auf die Schutzgüter und Pflanzen und Tiere im Rahmen der Umweltverträglichkeitsstudie (UVS) sowie zur Eingriffsbewertung im Rahmen des Landschaftspflegerischen Begleitplans (LBP). Außerdem dienten sie als Grundlage für die FFH-Verträglichkeitsprüfungen (FFH-VP) für das Besondere Schutzgebiet (BSG, Europäisches Vogelschutzgebiet) Grönauer Heide (DE 2130-491) und das Gebiet von Gemeinschaftlicher Bedeutung (GGB, FFH-Gebiet) Grönauer Heide, Grönauer Moor und Blankensee? (DE 2130-391).

Untersuchungsgebiet

Das Untersuchungsgebiet liegt im Stadtgebiet der Hansestadt Lübeck und hat eine Größe von etwa 9 qkm. Neben landwirtschaftlichen Nutzflächen, Siedlungsflächen und den Betriebsflächen des Flughafens beinhaltet das Gebiet den ehemaligen Übungsplatz des Bundesgrenzschutzes Grönauer Heide sowie das Grönauer Moor und den Blankensee. Diese Gebiete sind als BSG Grönauer Heide (DE 2130-491) und als GGB Grönauer Heide, Grönauer Moor und Blankensee? (DE 2130-391) Teil des europäischen Schutzgebietssystems Natura 2000.

Ergebnisse

Im Gebiet fanden sich 86 Pflanzen der Roten Liste (MIERWALD & ROMAHN 2006). Besonders viele gefährdete Arten, wie beispielsweise die in Schleswig-Holstein stark gefährdete Sand-Strohblume (Helichrysum arenarium, vgl. Abbildung 1) wurden im Bereich der Heiden, Trocken- und Magerrasen in der Grönauer Heide gefunden. Bei den ebenfalls untersuchten Armleuchteralgen zeigte sich, dass nur noch eine der beiden im Gebiet vor wenigen Jahren noch nachgewiesenen, vom Aussterben bedrohten Arten vorkam.


Abbildung 1: Sandstrohblume (Helichrysum arenarium)

Die Untersuchung des Makrozoobenthos ergab eine landesweite Bedeutung für zwei und eine regionale Bedeutung für vier der untersuchten Gewässer. Dabei wurden mehrere landes- und bundesweit gefährdetet Arten sowie eine in SH als verschollen bzw. ausgestorben geführte Erbsenmuschel (Pisidium pseudosphaerium) nachgewiesen. Aus der Gattung der Windelschnecken konnten im Grönauer Moor zwei Arten des Anhangs II der FFH-RL, die Bauchige Windelschnecke (Vertigo moulinsiana, vgl. Abbildung 2) und die Schmale Windelschnecke (Vertigo angustior), nachgewiesen werden.


Abbildung 2: Bauchige Windelschnecke (Vertigo moulinsiana)

Unter den Heuschrecken haben insbesondere die Vorkommen der in Schleswig-Holstein stark gefährdeten Arten Heidegrashüpfer (Stenobothrus lineatus) und dem Warzenbeißer (Decticus verrucivorus) eine landesweite Bedeutung. Von den 25 Gewässern, in denen die Libellen erfasst worden sind, wurden bei einem eine hohe Bedeutung und bei fünf weiteren eine mittlere Bedeutung festgestellt. Die Bewertung erfolgte anhand der Zahl der vorkommenden Arten und Bedeutung für gefährdete Arten. Bemerkenswert waren beispielsweise Vorkommen der Großen Moosjungfer (Leucorrhinia pectoralis) und der Südlichen Binsenjungfer (Lestes barbarus).
In der Grönauer Heide konnten außerdem mehrere gefährdete Tagfalter-Arten nachgewiesen werden, was dem Gebiet eine hohe Bedeutung für diese Artengruppe verleiht.
Die Untersuchung der Nachtfalter diente der Beurteilung der Auswirkungen, die mit einer Zunahme der Lichtquellen durch den geplanten Eingriff auf die Artengruppe verbunden wäre. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass eine Beeinträchtigung durch vorhandene Lichtquellen bereits bestand, und dass der überwiegende Teil der Arten bzw. Individuen nur über kurze Distanzen durch Testlichtquellen angelockt werden konnte. Daher war von einer geringen Beeinträchtigung durch die zusätzliche Lichtquellen auszugehen.
Unter den Amphibien besitzt das Gebiet insbesodere für den Kammmolch eine hohe Bedeutung. Weitere landes- oder bundesweit gefährdete Arten sind Moorfrosch (Rana arvalis), Laubfrosch (Hyla arborea) und Knoblauchkröte (Pelobates fuscus).
Teile des Untersuchungsgebietes haben für Reptilien eine hohe Bedeutung. Trotz guter Habitateignung konnten nur Einzeltiere der Zauneidechse (Lacerta agilis) nachgewiesen werden. Dieses Phänomen wird innerhalb dieser Studie umfassend erörtert.
Bei den Brutvögeln sind die Vorkommen von Grauammer (Miliaria calandra), Heidelerche (Lullula arborea), Sperbergrasmücke (Sylvia nisoria) und Neuntöter (Lanius collurio) in der Grönauer Heide hervorzuheben. Die Bedeutung des Gebietes für Rastvögel ist gering.
Die Fledermausfauna des Gebietes ist im landesweiten Vergleich als durchschnittlich zu bezeichnen. Fledermausquartiere finden sich vor allem in den Siedlungsgebieten innerhalb des Untersuchungsbereiches.
Die Potenzialanalysen über das Vorkommen weiterer streng geschützter Arten ergaben in Bezug auf Laufkäfer und Wasserkäfer, dass ein Vorkommen streng geschützter Arten dieser Gruppen nicht zu erwarten ist. Für streng geschützte Holz bewohnende Käferarten sind jedoch potenzielle Habitate vorhanden.
Der Fischotter (Lutra lutra) kommt nachweislich im Süden des Untersuchungsgebietes vor. Die ebenfalls streng geschützte Haselmaus (Muscardinus avellanarius) konnte nicht nachgewiesen werden, ein Vorkommen ist jedoch nicht auszuschließen.
An besonders geschützten Arten wurden im Gebiet 8 Fledermausarten, 4 Reptilienarten, 8 Amphibienarten, 28 Libellenarten, 22 Tagfalterarten, 17 Nachtfalterarten und 8 Pflanzenarten nachgewiesen. Besonders geschützt sind außerdem alle europäischen Vogelarten. Unter den besonders geschützten Arten gelten 8 Fledermausarten, 1 Reptilienart, 4 Amphibienarten, und 17 Brutvogelarten als streng geschützt.

Das Untersuchungsgebiet weist eine hohe Bedeutung im Biotopverbund im Süden Lübecks auf. Dies gilt insbesondere für Populationen von Arten des trockenen Offenlandes und der Gewässer für deren Stabilität ein Austausch mit Populationen im Bereich des ökologisch sehr wertvollen ehemaligen Grenzstreifens wichtig ist.

Die Auswertung vorhandener Untersuchungen aus den vergangenen 15 Jahren machten deutlich, dass sich die Habitatqualität für einige gefährdete Arten im Bereich der Grönauer Heide nach Aufgabe der Nutzung des Übungsplatzes deutlich verschlechtert hat. Durch die zunehmende Verbuschung und den Verlust an Offenbodenbereichen gingen beispielsweise die Brutplätze des Brachpiepers (Anthus campestris) verloren. Die Sukzession führte auch bei einigen Gewässern zum Verlust des Pioniercharakters und damit zum Habitatverlust für Kreuzkröte (Bufo calamita) und Wechselkröte (Bufo viridis).
Weitere Habitatveränderungen ergaben sich durch die Herstellung der Hindernisfreiheit durch den Flughafen Lübeck. In den betroffenen Bereichen wurde Gehölzaufwuchs entfernt und so der Offenlandcharakter wiederhergestellt, wovon einige gefährdete Arten profitieren konnten. Negativ wirkten sich diese Maßnahmen auf einige Kleingewässer aus, die beseitigt wurden.

Insgesamt ergaben die Untersuchungen, dass das Untersuchungsgebiet in Teilen landesweite Bedeutung für zahlreiche bestandsbedrohte Arten hat. Die hohe Wertigkeit des Gebietes geht dabei vor allem von der Grönauer Heide aus, die den östlichen Teil des Flughafenbetriebsgeländes umgibt. Dieser Bereich weist eine hohe Bedeutung für Pflanzen, Heuschrecken, Tagfalter und Brutvögel auf. Darüber hinaus weisen andere Teilbereiche des Untersuchungsgebietes eine hohe Bedeutung für Libellen, Amphibien, Makrozoobenthos und Armleuchteralgen auf.

Hier zitierte Literatur:

MIERWALD, U. & ROMAHN, K., 2006: Die Farn- und Blütenpflanzen Schleswig-Holsteins - Rote Liste.- Landesamt für Naturschutz und Landschaftspflege Schleswig-Holstein Hrsg., Flintbek, 122 S.

Projektmitarbeit

Dipl.-Biol. Andreas Albig
Dipl.-Ing. (FH) Stefan Andrees
Dipl.-Biol. Gisela Bertram
Dipl.-Ing. (FH) Holger Gruß
Dipl.-Geogr. Dipl.-Biol. Dr. Manfred Haacks
Biol. André Jankowski
Dr. Reinhard Müller
Dipl.-Biol. Tom Müller
Dipl.-Biol. Rolf Peschel
Dipl.-Biol. Haiko Petersen
Dipl.-Biol. Jörg Roloff
Dipl.-Ing. (FH) Christian Rosemeyer


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Aktualisierung: 22.01.2010